Datum: 31.12. 10:54 Uhr
Ort: Bus nach Colonia
Wetter: noch entspannte 25°C
Als ich vor 3 Tagen mit dem Bus ankomme, bin ich zunächst nicht begeistert. Montevideo ist auf den ersten Blick keine Schönheit. Viele hässliche Hochhäuser, was wohl auch ein bisschen der Geschichte geschuldet ist. Montevideo ist die jüngste Großstadt Südamerikas, gegründet zwischen 1724 und 1730. Buenos Aires ist jedenfalls deutlich hübscher.
Selbst die Altstadt ist nicht so wirklich schnuckelig, nur vereinzelt sieht man ein paar schöne Altbauten, der Rest ist schon ziemlich heruntergekommen und bautechnisch keine ästethische Meisterleistung. Aber es gibt eine paar hübsche Plätze wie den Plaza de Independencia oder den Plaza Constitución, den ältesten Platz der Stadt. Gleich um die Ecke ist auch mein Hostel, wieder ein El Viajero, wie schon in Colonia. Die konnten zwar nicht durch ihr Frühstück begeistern (das war sehr mager), aber es gab Duschgel in den Badezimmern ;). Ja, das ist sehr ungewöhnlich. Als Backpacker ist man ja sehr einfach zu begeistern. Handtuchhalter, Duschablagen, Handtücher, abschließbare Schränke oder eben Duschgel :D. Alles keine Selbstverständlichkeit.
Die 3 Tage Montevideo hab ich auch gut rumgebracht. Zunächst war ich im Mercado del Puerto, das ist eine große Markthalle mit vielen Imbisständen/Restaurants wo es ganz viel Fleisch gibt, was an Ort und Stelle gegrillt wird :D. Ich bestelle ein Pamplona de Cerdo, das ist eine Art Roulade. Also gerolltes Schweinefleisch (nur etwas größer als unsere Rouladen) mit Gemüse und Käse drin. Ist ganz lecker und sieht so aus.
In der Touristeninfo bekomm ich noch den guten Tipp von wo aus ich gut die Stadt überblicken kann. Das Bürogebäude ist eines der größten der Stadt, aber ausgeschildert ist dieser “Fahrstuhl”, wie sie das ganze nannte, nicht und so lief ich erstmal am entscheidenden Tunnel (der Eingang befindet sich dort) vorbei. Nur der Telekommunikationsturm ist größer. Der hat aber ganz blöde Öffnungszeiten und lag nicht auf dem Weg ;). Leider war die Aussichtsplattform von einer dreckigen Plexiglasscheibe umgeben, was das fotografieren etwas schwierig machte.
Außerdem war ich in einigen Museen, denn die meisten Museen sind staatlich und der Eintritt ist frei. Komischerweise sind diese aber überhaupt nicht ausgeschildert. Man steht direkt vorm Haus und findet keinen Hinweis darauf, dass sich darin ein Museum befindet. Und ich habe lediglich eine Karte mit Punkten drauf, wo sich die Museen befinden sollen. Keine Adressangaben. Ich muss mich also mal wieder durchfragen. Und das ist gar nicht so einfach, denn selbst Leute, die direkt daneben arbeiten, wissen nichts von den Museen, da es meist einfach nur eine Etage in einem Bürogebäude ist. Infolgedessen bin ich auch meist der einzige Besucher ;). Die einzige Ausnahme: das Gaucho & Moneda (Münzen) Museum. Da ist draußen sogar mal ein Schild dran, fällt aber auch nur auf, wenn man es weiß, da es ein unscheinbarer Eingang in der Haupteinkaufsstraße ist. Dafür ist das Gebäude drinnen sehr prunkvoll, stuckverzierte Wände, hohe Decken, das Gebäude selbst ist schon ein Museum.
Das Gebäude heißt übrigens Palacio Heber und wurde 1897 von dem Architekten Alfred Massüe entworfen. Ich war aber wegen der Ausstellung dort. Denn wenn ich schon keine Estancia im Gaucho-Land anschauen kann, dann wenigstens was so zu einem Gaucho gehört. Und so bekomme ich diverse Utensilien zu Gesicht. Messer, Gewehre, Pistolen, Reitersitze und das ganze andere Geraffel was man als “Cowboy” noch so braucht. Die genauen Bezeichnungen kenne ich leider nicht, schaut euch einfach die Fotos an. Zu so viel Metall passte die Münz-Sammlung auch perfekt. Dort konnte man eine Zeitreise ins uruguayische Geld machen.
Noch interessanter fand ich aber das Automobilmuseum. Ich dachte mir wenn ich es schon nicht geschafft habe in die Automobilmuseen der Städte zu gehen, wo ich gelebt habe (Eisenach und Hamburg), dann eben in Uruguay. Eigentlich braucht man so ein Museum gar nicht, man muss nur auf die Straße gucken. Wer sich also mal gefragt hat, wo all die alten Autos hin sind, nicht nur in Kuba, nein auch nach Uruguay wurden sie verschifft. Angeblich laufen auch Autoaufkäufer in den Straßen herum um echte Raritäten ausfindig zu machen.
Nee, hat sich schon gelohnt (mal davon abgesehn dass es eh nichts gekostet hat). Das älteste Auto im Museum war von 1899. Es waren auch einige deutsche Autos und Werbeschilder dabei. Das fühlt sich in der Ferne schon komisch an. Als ich dem Wärter sage dass ich aus Deutschland komme (also er hat mich gefragt) bekomm ich eine Sonderführung in die heiligen Hallen der Restauration. Dort darf eigentlich keiner hin, aber er ist offensichtlich sehr erfreut über den seltenen Gast aus Deutschland. Und so bekomm ich einen alten Käfer von 1954, einen weiteren VW von 1938, einen Bulli aus den 60ern oder 70ern (ich habe dem guten Mann erstmal erklärt, dass wir das Ding Bulli nennen :D) und noch ein paar weitere. Ich darf auch probesitzen und fühle mich ein bisschen zurückversetzt in die Anfänge des Automobils. Normalerweise darf man so ein Auto ja nicht mal berühren, es ist alles abgesperrt, ich fühle mich also sehr geehrt :). Er erzählt auch stolz dass alle Autos noch funktionstüchtig sind. Den Anschein machen sie nicht immer. Leider war es dort sehr dunkel, weshalb ich keine wirklich guten Fotos schießen konnte.
Auch toll war eine Ausstellung in einem Filmstudio. Dort bin ich aber nur zufällig gelandet. Eigentlich wollte ich ins Museum de la palabras (Museum der Wörter), das in genau diesem Gebäude sein sollte. Aber ein Mitarbeiter dort sagte mir dass es z. Zt. geschlossen sei. Und dann entdecke ich diese alten Filmkameras und Zubehör. Spannend. Da wurden doch tatsächlich früher einfach verschiedene Festbrennweiten an eine Kamera gestöpselt. Wusste ich noch nicht, sah aber abgefahren aus :D.
Eigentlich wollte ich auch noch ins Fotografiemuseum. Als ich es endlich gefunden habe (ein versteckter Eingang zu einem Bürogebäude in einer Einkaufspassage und dort in der 3. Etage) bekomm ich nur die Eingangstür zu Gesicht. Es ist mit einem Vorhängeschloss verriegelt und sieht so aus als ob da für längere Zeit keine Ausstellung statt findet. Schade.
Ansonsten schau ich mir die Stadt ausgiebig an und mache einige Besorgungen. Am Ende fühl ich mich schon fast heimisch. Immer wieder komisch wie schnell man sich in einer fremden Stadt zurechtfindet und einem Orte vertraut vorkommen. Und dann find ich die Stadt auch nicht mehr so hässlich. Sie hat auf jedenfall irgendwie Charme und ein entspanntes südliches Flair :). Außerdem sind es ein paar Grad “kühler”als in Buenos Aires (aber dennoch sehr warm). An den Stränden weht sogar ein heftiger Wind, der mich schon mal auf Patagonien vorbereitet. Buenos Aires gefällt mir aber immer noch besser, weshalb ich da auch gerade mit der Fähre hintuckere um dort Silvester zu feiern. Ich bin gespannt! Und dann gehts ein paar Tage später endlich nach Patagonien, wohoo.
Hier geht’s zu den Fotos von der Stadt.
Dort zu den der Museen. Wen’s interessiert: die genauen Bezeichnungen der Autos etc. finden sich in den Beschreibungen.